Vitamin D – Hype oder Hausnummer
In dieser Sonderfolge beleuchten wir ausführlich Vitamin D – von manchen religiös als Wundermittel angepriesen (bzw. verkauft…), oft auch nach dem Motto „viel hilft viel“, von anderen als nutzlose Erfindung der Nahrungsergänzungsmittelindustrie belächelt und verteufelt. Der Vitamin D Mangel ist auch sehr häufig – fast die Hälfte der gesunden Normalbevölkerung hat suboptimale Spiegel – sichere Symptome dafür gibt es aber nicht.
Wie wahrscheinlich immer liegt die Wahrheit in der goldenen Mitte: eine ausreichende Vitamin D Versorgung ist eine Grundbedingung für eine optimale persönliche Gesundheit sowie andere vermeintlich triviale Basics wie Bewegung, genug Schlaf und gesunde abwechslungsreiche Ernährung, die heutzutage oft zu kurz kommen. Aber wenn man es übertreibt, kann auch Vitamin D schädlich sein – das deutsche Giftinformationszentrum berichtet über 162 Vitamin D – Intoxikationen im Jahr 2022. In der Behandlung der Osteoporose ist Vitamin D neben Calcium ein wichtiger Grundpfeiler. Ein Vitamin D Mangel kann langfristig zu schweren Knochenproblemen wie Rachitis bei Kindern und Osteomalazie bei Erwachsenen führen, denn ein Vitamin D Mangel führt zu einer Calcium-Mangelaufnahme aus der Ernährung, und das Nebenschilddrüsenhormon Parathormon versucht durch verstärkte Aktivität dies mit Herauslösen von Calcium aus dem Knochen auszugleichen. Eine deutsche Autopsiestudie zeigte eine unzureichende Skelettmineralisierung bereits bei Vitamin D Spiegeln < 30ng/ml.
Kürzlich ist auch eine IPDMA (individuelle Patient*Innen-Daten Metaanalyse) zu Vitamin D bei Prädiabetes erschienen – hier zeigte sich ein Benefit für Vitamin D mit einer Risikoreduktion von absolut 3% für einen Übergang in einen echten Diabetes mellitus Typ 2 – dies entspricht einer NNT (number needed to treat) von 30 – verglichen mit 14 für Metformin und 7 für intensive Lebensstiländerung (WHO Empfehlung 150 Min Sport pro Woche) ist das ein wichtiger Effekt für eine Substanz, die günstig und gut verträglich ist.
Priv. Doz. Dr. Karin Amrein, MSc ist Fachärztin für Innere Medizin (Endokrinologie und Stoffwechsel sowie Intensivmedizin) und beschäftigt sich seit über 15 Jahren wissenschaftlich mit Vitamin D. Ihr Hauptthema ist Vitamin D bei Kritischer Erkrankung und Hypoparathyroidismus. Sie ist Principal Investigator der internationalen VITDALIZE Studie, die in Österreich, UK, Belgien und Deutschland läuft und die hochdosierte Vitamin D Gabe bei Kritisch Kranken untersucht. Seit 2018 ist sie neben ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit an der Medizinischen Univerität Graz im niedergelassenen Bereich tätig. 2022 war sie an der Publikation der Europäischen Leitlinie zu Mikronährstoffen als Koautorin beteiligt. Sie ist Vorstandsmitglied der ÖGKM.
Priv. Doz. Dr. Christian Muschitz ist Facharzt für Innere Medizin, President elect der ÖGKM für 2024-2026 und arbeitet klinisch in Wien im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern. Er forscht an verschiedensten osteologischen Themen. In den letzten Jahren war er maßgeblich an der Entwicklung und Veröffentlichung von „Arznei und Vernunft“ sowie interdisziplinären Leitlinien zu Osteoporose und Diabetes, Osteoporose und Lungenerkrankungen und Osteoporose und Nierenerkrankungen sowie Osteoporose nach Kritischer Erkrankung beteiligt.
Referenzen:
Pittas A et al. Annals Internal Med. 2023 https://www.acpjournals.org/doi/abs/10.7326/M22-3018
Giustina A et al. Endocrine 2023 https://link.springer.com/article/10.1007/s12020-022-03208-3
Bouillon R et al. Nature Rev Endo 2022 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8609267/
Berger M et al. Clin Nutr ESPEN micronutrient guideline 2022. https://www.espen.org/files/ESPEN-Guidelines/ESPEN_micronutrient_guideline.pdf
Griffin G et al. 2021 https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33593830/
Zhang Y. et al. Diabetes Care 2020 https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33534730/
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Cashman K et al. AJCN 2016 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5527850/
Priemel ASBMR 2010: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19594303/
Jackson NEJM 2006: https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa055218
Harald Sourij
„Das Risiko für Knochenbrüche ist bei Menschen mit Diabetes mellitus stark erhöht (je nach Diabetestyp und Geschlecht 2 bis 5-fach). Knochendichte-Messungen unterschätzen das Knochenbruchrisiko in dieser Population. Wesentlich ist auch, dass gewisse blutzuckersenkende Substanzen (z.B. Pioglitazon) oder auch Episoden mit Unterzucker das Risiko für Frakturen steigern können.“
Univ.Prof. Priv.Doz. Dr. Harald Sourij, MBA, ist Facharzt für Innere Medizin mit Sonderfach Endokrinologie und Diabetologie. Er ist stellvertretender Leiter der Klinischen Abteilung für Endokrinologie und Diabetologie und Leiter der Ambulanz für Diabetes-, Lipid-, und Stoffwechselkrankheiten an der Medizinischen Universität Graz sowie der Trials Unit für Interdisziplinäre Metabolische Medizin. Diese ist spezialisiert auf die Durchführung mono- und multizentrischer klinischer Studien. Er ist seit mehreren Jahren im Vorstand der Österreichischen Diabetesgesellschaft (ÖDG, www.oedg.at).
GEORG PFEILER
„Das Risiko für einen Knochenbruch ist unter antihormoneller Therapie bei Brustkrebs sehr hoch – etwa 15% über die übliche Therapiedauer von 5 Jahren. Dieses hohe Risiko kann man in der Knochendichtemessung nicht erkennen. Eine antiresorptive Therapie (Bisphosphonate, Denosumab) kann das Knochenbruchrisiko deutlich reduzieren, verbessert aber auch die Prognose für die Grunderkrankung.“
Assoc. Prof. Priv. Doz. OA Dr. Georg Pfeiler ist Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe und arbeitet an der Medizinischen Universität Wien (MUW)/ AKH-Wien als Leiter der onkologischen Brustambulanz der Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Leiter der Ambulanz für Knochengesundheit. Des weiteren ist er Mitglied des Executive Committee der ABCSG (Austrian Breast & Colorectal Cancer Study Group), dies ist Österreichs größte und bekannteste akademische Forschungsorganisation, die international erfolgreich klinische Studien zu Brust- und Darmkrebs durchführt, seit 2013 auch Projekte zu Bauchspeicheldrüsenkrebs. Seit 1984 haben fast 30 000 Patientinnen und Patienten weltweit an ABCSG-Studien teilgenommen. www.abcsg.org
ASTRID FAHRLEITNER-PAMMER
„Die Osteoporose (Knochenbrucherkrankung) erkennt man am Gips oder am Rundrücken, sie ist eine schleichendes Ungeheuer“
Astrid Fahrleitner-Pammer ist seit 2022 Präsidentin der ÖGKM und in eigener Praxis in Graz tätig, 2019 wurde ihr die Titularprofessur vom Bundesministerium für Gesundheit verliehen. www.knochenwelt.at
CHRISTIAN MUSCHITZ
„Osteoporose kann jeden und jede treffen!“
Priv. Doz. Dr. Christian Muschitz ist Facharzt für Innere Medizin, President elect der ÖGKM für 2024 und arbeitet klinisch in Wien im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern. Er forscht an verschiedenen osteologischen Themen. In den letzten Jahren war er maßgeblich an der Entwicklung und Veröffentlichung von „Arznei und Vernunft“ sowie interdisziplinären Leitlinien zu Osteoporose und Diabetes, Osteoporose und Lungenerkrankungen und Osteoporose und Nierenerkrankungen sowie Osteoporose nach Kritischer Erkrankung beteiligt.
www.muschitz.info