Hier finden Sie Informationen über die häufigsten Erkrankungen im Bereich Knochen und Mineralstoffwechsel.
Störungen des Kalziumhaushaltes
Die Normalwerte des Serumkalziums werden mit 2,2-2,6 mmol/l angegeben und müssen alters-, geschlechts- und methodenspezifisch interpretiert werden. Ein ggf. in einer Kontrollmessung bestätigter Wert von mehr als 2,6 mmol/l wird als Hyperkalzämie bezeichnet, wobei erste Symptome einer Hyperkalzämie erst ab einem Wert von etwa 2,8 mmol/l zu erwarten sind. Von einer Hypokalzämie spricht man bei einer Erniedrigung des gemessenen Serumkalziums unter 2,2 mmol/l. Die Ursachen sowohl der Hyper- als auch der Hypokalzämie können sehr verschieden sein, sodass eine ggf. umfangreiche Differenzialdiagnostik erforderlich ist.
Störungen des Phosphathaushaltes
Eine Störung des Phosphathaushalts geht entweder auf eine Genmutation zurück, die eine Überproduktion von FGF23 zur Folge hat, ist durch Tumoren bedingt oder auf eine Niereninsuffizienz zurückzuführen.
Hypophosphatasie
Die Hypophosphatasie ist eine seltene Stoffwechselstörung aufgrund unterschiedlicher Mutationen im ALPL-Gen (Chromosom 1p36.1-34), das für die gewebeunspezifische alkalische Phosphatase („tissue-nonspecific alkaline phosphatase“,TNAP) codiert. Traditionell gilt die Erkrankung als autosomal-rezessiv vererbt. Aufgrund sog. dominant-negativer Effekte kann die Enzymaktivität aber auch bei Personen mit nur einem betroffenen Allel relevant eingeschränkt sein. Das klinische Spektrum der Erkrankung ist sehr breit und reicht von perinatal letalen Fällen bis hin zu (nahezu) asymptomatischen Verläufen bei im Wesentlichen gesunden Anlageträgern. Dies macht eine Einschätzung der Zahl erkrankter Personen schwierig.
Vitamin-D-assoziierte Erkrankungen
Die häufigste Vitamin-D-assoziierte Erkrankung ist die Osteomalazie (bzw. Rachitis im Kindesalter). Die Vitamin-D-Intoxikation ist dagegen eine in der Praxis eher seltene Erkrankung.
Morbus Paget des Skeletts
Der Morbus Paget des Knochens (Synonym: Osteitis deformans Paget) ist eine mono- oder polyostotische, progrediente Skeletterkrankung mit genetischer Prädisposition, charakterisiert durch lokal erhöhte Knochenumbauvorgänge mit dem Risiko von Verformungen, chronischen Schmerzen und Frakturen sowie artikulären, neurologischen und kardiologischen Komplikationen. Zur Diagnosestellung dienen Labor und Bildgebung. Therapeutisch sind medikamentös verschiedene Bisphosphonate (davon Zoledronat als Mittel der 1. Wahl) und Kalzitonin zugelassen. Operative Verfahren und physikalische Therapie erweitern das therapeutische Spektrum.
Chronische Niereninsuffizienz und Knochenstoffwechselstörungen
Chronische Nierenerkrankungen weisen eine zunehmende Inzidenz und Prävalenz auf und verursachen Komplikationen an verschiedenen Organsystemen. Veränderungen des Mineralstoffwechsels im Rahmen der chronischen Niereninsuffizienz bedingen Störungen des kardiovaskulären Systems und des Knochenstoffwechsels. Die Folgen sind Myokardinfarkt/Schlaganfall und Fraktur, die mit einer gesteigerten Mortalität einhergehen.
Besonderheiten der Diagnostik im Kindes- und Jugendalter
„Kinder sind keine kleinen Erwachsenen“ – das gilt auch für die pädiatrische Osteologie. Insbesondere das nicht lineare Knochenwachstum, aber auch die hormonellen Einflüsse in der Pubertät wirken sich auf die funktionelle Muskel-Knochen-Einheit aus und erfordern besondere Aufmerksamkeit bei den diagnostischen Maßnahmen und ihren Interpretationen.
Störungen der Skelettmineralisierung
Die altersgerechte Mineralisierung des Skeletts hängt von ausreichenden Kalzium- und Phosphatkonzentrationen ab. Beide Mineralien müssen dabei in einem konstanten stöchiometrischen Verhältnis zueinander vorliegen. Die eingeschränkte Löslichkeit der Kalzium-Phosphat-Salze ist die Voraussetzung für die Mineralisierung. Besonders in den Phasen schnellen Wachstums können Imbalancen der Kalzium- und/oder der Phosphathomöostase zu einer klinisch relevanten Störung der Skelettmineralisation führen, die sich als Rachitis bzw. Osteomalazie manifestieren kann.
Daher sollte man differenzialdiagnostisch eine Störung des Kalzium-/Phosphatstoffwechsels ausschließen, wenn die Symptome Extremitätenverbiegungen (Genua vara/Genua valga), Knochenschmerzen (z.B. distale Wirbelsäule), Muskelhypotonie und/oder Tetanie vorliegen.
Morbus Perthes
Der Morbus Perthes (aseptische Knochennekrose des Hüftkopfes) ist eine der häufigsten kinderorthopädischen Erkrankungen. Er tritt meist zwischen dem 3. Und 6. Lebensjahr auf. Die Genese ist unklar. Neben der Klinik sind Ultraschall und MRT wichtigste Diagnostika. Eine frühzeitige Diagnose bestimmt wesentlich die Prognose. Primärziel der Behandlung ist die Vermeidung einer präarthrotischen Deformität. Konservative Verfahren werden für jüngere Patienten nur vereinzelt beschrieben. Der operativen Therapie zur Wiederherstellung des Containments ist heute der Vorzug zu geben. Dabei ist der frühzeitige Eingriff wichtiger als der Typ des Verfahrens. Für die Beurteilung der Prognose gewinnen zunehmend MRT-gestützte Kriterien an Bedeutung.
Osteopetrose
Bei der Osteopetrose (Marmorknochenkrankheit) handelt es sich um eine Gruppe von erblichen Erkrankungen mit großer genetischer und biochemischer Heterogenität, die aufgrund einer Fehlfunktion der Osteoklasten eine generalisierte Zunahme der Knochenmasse aufweist. Folge ist eine Einengung der Markhöhlen der Knochen mit einer Beeinträchtigung der Hämatopoese.
Osteogenesis Imperfecta
Die Osteogenesis imperfecta (OI) ist eine angeborene Störung, die überwiegend die Synthese und Modifikation von Kollagen 1 betrifft. Die wesentlichen skelettalen Probleme treten im Kindes- und Jugendalter auf und äußern sich in Frakturen bei inadäquaten Traumata und Wirbelkörperdeformierungen. Im Erwachsenenalter stehen chronische Skelettschmerzen sowie eine Instabilität der Gelenke durch Beteiligung des Bandapparats im Vordergrund. Therapeutisch sind Bisphosphonate zur Reduktion der Knochenresorption sowie physiotherapeutische Maßnahmen zur Stimulation der Knochenformation etabliert. Bei Frakturen oder Deformierungen der langen Röhrenknochen können zusätzlich operative Maßnahmen notwendig werden.
Monoklonale Gammopathie unbestimmter Signifikanz (MGUS) und multiples Myelom
Vermehrt sich ein Klon von Plasmazellen, die alle den gleichen Antikörper produzieren, dann wird dies in der Gammafraktion der Serumelektrophorese als Peak sichtbar (monoklonale Gammopathie). Die monoklonale Gammopathie unbestimmter Signifikanz (MGUS) ist per definitionem eine (häufige) Laborwertveränderung ohne Krankheitswert, aus der sich jedoch im Verlauf ein Multiples Myelom entwickeln kann – aber nicht muss („unbestimmte Signifikanz“). Osteologisch ist die MGUS als Risikofaktor anzusehen.
Das Multiple Myelom (früher: Plasmozytom) ist eine schwere, systemische, bösartige Tumorerkrankung, die in den allermeisten Fällen trotz zytostatischer Therapie nach mehreren Jahren zum Tod führt. Hauptmanifestation der Erkrankung ist der Knochen (Osteolysen, Osteopenie, pathologische Frakturen, Hyperkalzämie), sodass die Erkrankung des Multiplen Myeloms anhand der Endorganschäden eine wesentliche Kompetenz des Osteologen ist.